Wirk- und Werkstatt Text-Archiv

 

2015: was ein Pärchen!

 

Andere Saiten. Saiteninstrumente bzw. deren Emulationen sind das Thema dieser CD. In Celloid Teil 1 bis 5 werden „Klang-Paare“ mit echtem Cello und unterschiedlichen Klangsynthesen bzw. Weiterverarbeitungsformen gebildet.

Mit Physical Modeling nachgebildete oder kreierte Saiten-Instrumente fügen sich in das experimentelle Klangbild. Zuweilen durchforsten wir mikrotonale Klangwälder auf dieser skurilen Klangreise.   

 

 

Blow My Tears. Die konsequente Fortführung von „Andere Saiten“;

Blasinstrumente statt Saiten aber auch die Fortsetzung einer

recht eigenwilligen Kompositionsweise, lassen diese Scheibe zu einen

bisweilen schrägschönen Erlebnis werden.

 

 

 

 

2012, 2013: Von fernen Biosphären

 

Nach „Ringmodulator“ 12/2011 waren bzw. sind Biosphären mein Thema. Musikalisches Reiseziel für die Trilogie sind jedoch nicht die Floren und Faunen „um die Ecke“, sondern - wie sollte es anders sein - ferne Welten; etwas SciFi schadet nicht.

 

Art und verwendetes Equipment sind für jede Biosphäre unterschiedlich.

Volume 1 („Schwebewald“) setzt vor allem auf computergenerierte Klänge und durch den Computer veränderte Naturklänge, aufgenommen im peruanischen Amazonasbecken.

Volume 2 („Cryptids“) ist faunalastig und wurde überwiegend mit einem Modularsystem aufgenommen. Archaische Lebensformen, die sich über seltsame lederförmige Landschaften bewegen, sind mit einem archaischen Equipment am besten zu bewerkstelligen.

Volume 3 („Metalsphere“) Die Biosphere-Reihe wird mit „Metalsphere“ abgeschlossen.  

Das Werk ist frei von Drummachines und Synthesizern...und klingt dennoch sehr elektronisch: Die Klänge einer Cymbal wurden im Computer bearbeitet und mit

 

(2012)

Von Ringmodulatoren und Regenwäldern...

 

2010 und 2011 beschäftigte ich mich mit dem Selbstbau von Ringmodulatoren. Sicherlich kamen dabei keine ausgefeilten HiTech-Geräte heraus, wie sie so manch kommerzielle Anbieter produziert. Dennoch brachten diese kleinen Kisten aufgrund ihrer „Mängel“ und Ungenauigkeiten interessante Ergebnisse, insbesondere in Verbindung mit dem Modularsystem.

 

September 2012: Nicht ganz frei von Ringmodulationen ist die neue Reihe „Biospheres“.

Vol 1. „Schwebewald“ fußt auf selbst gemachten Feldaufnahmen im Amazonas. Dennoch

Klingt das Ergebnis eher unirdisch, dank intensiver Weiterbearbeitung im Computer...

 

Rezension von Dave Law (MusicZeit):

Pete Farn has always been a fascinating Electronic Musician, constantly experimenting with sound and sculpting it into strange and wonderful sonic worlds. ‘Schwebewald- Biospheres Vol 1’ should be liked by fans of traditional ambient but it goes to realms and delves deeper than most such artists explore. The images that came to my mind were those of a tropical rainforest onboard a spaceship out in the deepest darkest coldest regions of space (think of the film ‘Silent Running’- remember that one?). Of course it will mean something different to everyone listening to it.

 

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Frühjahr 2010:

 

Werkstattbericht : „Im Klangbad“, Teil 2 der Geschichten aus der Modular-Zone

 

 

Kürzlich fragte mich ein Hörer, ob ich Analogfetischist sei, da ich diese alten Modularkisten einsetze. Meine Antwort: Ich bin Klangfetischist und liebe alles, was den Klangpool erweitert, egal welcher Syntheseart der Klang zuzuordnen ist.  

 

Rein analog zu arbeiten ist heutzutage eine fragliche Selbstrestriktion. Andere Syntheseformen hinzu zu nehmen und das Beste aus allen Welten zu vereinen, scheint mir ein Schritt in die richtige Richtung. Eine „analog-ist-besser-als-digital“-Diskussion sollte es gar nicht geben.

 

„Im Klangbad“ vereint nicht nur alle möglichen Syntheseformen, wie analog, digital, virtuell, GeROMpeltes und Gesampeltes, sondern auch „normales“, wie E-Gitarre, Chapman-Stick oder gar eine echte Frauenstimme.

 

Als Gastmusiker sind mit dabei: Der Stuttgarter Avantgarde-Künstler Teflon Fonfara und die belgische Vokalistin Kat Gogolevitch.  

 

Entstanden ist ein eigenwilliger aber dennoch homogener Mix. Von ringmodulierten Klang-Landschaften über angejazzten technoiden Grooves bis hin zu mit Rockeinflüssen versehene elektronisch-exerimentelle Musik ist alles dabei, was sich der aufgeschlossene und entdeckungslustige Hörer wünscht.

 

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Herbst 2009:

 

Werkstattbericht „In der Ferne“  -  Geschichten aus der Modular-Zone (Vol. 1)

 

Die Idee zu den Geschichten aus der Modular-Zone ergab sich von selbst durch den Einsatz eines analogen Modularsystems: surreale Welten, die Modular-Zone, Geschichten, Synthosaurier, lebende Musikinstrumente…

 

Klar, dass auch die „guten alten“ Analogsequenzer geballt zum Einsatz kommen würden. Mit der Hardware alleine ist es aber nicht getan und die alten elektronischen Fahrwasser sind brackig. Doch welcher Musiker schafft es wirklich Neues zu schaffen?

 

Es ist realistischer bereits vorhandene Stile oder unterschiedliche Musikwelten zu vereinen. Voila, ein Konzept war geboren: Sechs Musikstücke sollten es werden, geboren aus der „alten Elektronik-Welt“ - sprich klassische modulare Sequenzen als Fundament, an welche man sich klammern kann - kombiniert mit einer „etwas anderen Musikwelt“: bei jedem Stück soll ein eher klassisches Instrument den mehr oder weniger gleichberechtigten Gegenpart übernehmen.

 

Kenner meiner Musik ahnen, wie ich „andere“ Musikwelt interpretiere: Ein Cello (erstes Stück) wird nicht wie ein Cello gespielt. Mein Cello ist heiser und enerviert vom gemütlichen coolen Trott des Sequenzers. Und die eifrig kommunizierenden Trompeten im zweiten Stück sind Lichtjahre entfernt von der Virtuosität eines Miles Davis oder Nils Petter Molvaer. Aber genau darum geht es hier nicht. Wir schreiben das Jahr 2009 und auf dieser Produktion sind Cello und Trompete zu Lebewesen geworden.

 

- Für Technikfreaks: Bei den „Klonen“ in Titel 4 handelt es sich um zwei synchron laufende „960“-Sequenzer, die durch einfügen und auslassen einzelner oder mehrerer Noten (Skip-Schalter) unterschiedliche Variationen (= „Individualitäten“) ergeben.   

 

- Für Avantgardefreunde: Der Gitarrist Teff Kult tummelte sich eine zeitlang in der New Yorker Avantgardeszene, was unüberhörbar ist. Titel 2 und 5 sind eine Mischung aus Session und Computer-Patchwork. Teff war in den beiden Nächten gut drauf: hört sich wild an und soll auch so sein. Born to be wild!

 

- Für Zen-Anhänger: „In der Ferne trifft man sich auf alten Wegen“ ist ein badisches Koan, hier als elektronischer Blues umgesetzt. Traditionalisten der elektronischen Musik werden sich damit wohl fühlen. Der Titel wurde ohne nachträgliche Overdubs live eingespielt; mir war danach.

 

Soweit zu „Vol. 1“. Es geht weiter...  

 

Pete Farn, Herbst 2009

 

 

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Januar 2009: (Werkstattbericht zur CD „Permutationen“)

 

Von Waschmitteln, Permutationen und Redundanzen

 

Selbst in Zeiten, in denen angeblich jeder ein Selbstdarsteller sein muß und das Sich-Selbst-Vermarkten bzw. das Selbst-In-Szene-Setzen wie eine Pest um sich greift, fällt es mir schwer Zeilen zur eigenen Person zu verfassen. Waschmittelwerbung war noch nie mein Ding. Andererseits: 30 Jahre Aktivität in der elektronisch/experimentellen Ecke sind zumindest ein Anlaß. Prost ?

 

Ich sitze gerade in meinem Studio zwischen Synthesizern und einigen akustischen Instrumenten: darunter die Cymbal meines Neffen, die ich in den letzten Wochen auf meine Art und Weise mit Freuden malträtiert und hinterher (elektronisch) verbogen habe. Mehr dazu später.

 

Wer über Jahrzehnte hinweg mit elektronischen Instrumenten gearbeitet hat, erlebte den Technologiewandel wohl besonders intensiv. Vor 30 Jahren kamen die ersten bezahlbaren Analogsynthesizer auf den Markt; ohne Speichermöglichkeiten. Dies spiegelte sich in den damals eher epischen Produktionen wieder. Klang und Komposition (eher: Improvisation) veränderten sich nur langsam. Wer kennt nicht die Werke, die eine ganze Plattenseite umfassten. Zeitgefühl und Zeitgeist änderten sich mit der Entwicklung der Synthesizer und der Einführung der Compact Disc.

 

Höre ich mir meine eigenen ersten LPs aus den Achtzigern an, so finde ich kaum ausgedehnte Werke. Die kurzen Stücke klangen für viele wohl eher nervös und zu abwechslungsreich. Umso erstaunlicher, dass ich zur Zeit eben solche Bandwürmer produziere; im technisch zeitgemäßen Gewand. „Permutation“ (1/2009. SynGate-Records) lebt – wie der Titel schon sagt – von langsamen Veränderungen, wie man sie von der Ambient- oder Minimal Music kennt. Dank heutiger Synthesizer konnte ich weite Teile Quasi-Live einspielen und benötigte auch keine 24 Spuren dafür.

Auf ähnliche Weise entstand für ein anderes Musikprojekt mit o. e. Cymbal ein fünfzigminütiges Stück. Natürlich unter Zuhilfenahme modernster digitaler Signalverarbeitungsgeräte. Kurioserweise hört sich diese Produktion elektronischer an, als so manch andere Elektronische Musik.

 

Wie jede Phase, so wird auch diese durch eine andere abgelöst oder weiterentwickelt. Es bleibt aber jedes Mal etwas „hängen“. Der Hang zur Redundanz kehrt immer wieder.

Weitere Projekte schreiten voran; und es wird sich wieder anders anhören. Zum Einen eine Filmmusik und zum Anderen ein „analoges“ Projekt mit Modular-Sequenzen gepaart mit Akustikinstrumenten. Ein in der Szene bekannter Avantgardegitarrist ist mit dabei.

Damit bewege ich mich wie üblich am „falschen“ Ende der Kommerzialitäts-Skala. Was sicherlich auch Vorteile hat. Kommerzieller Erfolg und Kreativität vertragen sich wohl auf Dauer nicht. Insofern genieße ich auch heute noch meine Narrenfreiheit und akzeptiere, dass die Verkaufszahlen außen vor bleiben. Ich sehe darin immer noch die angenehme Verpflichtung zu experimentieren bzw. Konventionen über Bord zu werfen oder sie auch mal zu pflegen!

 

Schon der Versuch, als aktiver Musiker mit alten Hörgewohnheiten zu brechen, ist befreiend; für mich. Es ist weiterhin mein Ziel entdeckungs- und hörlustige Hörer mit auf die Klangreise zu nehmen; jenseits der Massenkompatibilität. Das überlasse ich den Anderen.

 

Pete Farn - 1/2009

 

 

 

2002:

 

Über Peter Schaefer / Pete Farn

(Was hier geschrieben wurde, stammt aus einem Fundus von Erinnerungen, die nun schon ein viertel Jahrhundert alt sind. Es sind sehr persönlich gefärbte Erinnerungen aus der Sicht von jemanden, der die musikalische Entwicklung miterlebt hat und am Anfang mit dabei war).

Was kann man über Peter Schaefer schreiben? Ich kenne Peter seit 1979. Wir hatten damals eine Band namens ANTARES gegründet und elektronische Musik nach Vorbild gespielt. Peter war der erste von uns, der einen "richtigen" Synthesizer hatte, einen Yamaha CS 15, so ein monophones Gerät, das futuristisch aussah und jede Menge experimentell klingende Dingsbumse erzeugen konnte.

Die Anfänge seiner Musik sind sicherlich im Umfeld der elektronischen Musik der 70er zu suchen: Tangerine Dream, Klaus Schulze, Kraftwerk, aber auch CAN, Wolfgang Dauner, Kraan, die damals üblichen Progrock-Gruppen wie Genesis, Gentle Giant, Yes etc., sowie zaghafte erste Einflüsse aus der zeitgenössischen E-Musik.

Peter hatte im Geist der 70er angefangen, Musik zu spielen, aber bald über den elektronischen Tellerrand hinausgeblickt, um seinen Horizont zu erweitern. Er emanzipierte seine Musik von den oben genannten Gruppen, ein eigener Stil wurde geboren. Dieser Stil war nie etwas Statisches und ist es auch heute noch nicht.

Wechsel, Erweiterung des künstlerischen Horizontes - was eigentlich die Aufgabe jedes Künstlers
ist - ist bei ihm selbstverständliches Pflichtprogramm. Deshalb hört sich jede Schallplatte, jede Musikkassette, jede CD, anders an, ob solo, mit Gastmusikern oder als Gastmusiker für andere Künstler. Die vielen Reisen, die ihn an fast jeden Punkt der Welt gebracht haben, waren oft genug Inspiration, was auch Titel wie "Hevron" oder "The Mynah" zeigen. Immer wieder tauchen Bilder, tauchen Klänge aus Malaysia, Australien und anderen Teilen der Welt auf. Auf diese Weise hat er es immer vermeiden können, sich zu wiederholen. Er hat sich mit allen wichtigen Stilen der Musik befasst, auch mit Jazz und zeitgenössischer Ernster Musik - vielleicht sogar mit lustiger Musik, wer weiß. 

Dies alles vermischt sich in den Töpfen seiner Soundküche zu immer wieder neuen, noch nicht gehörten Ergebnissen. Keine Frage, wo andere, etablierte Musiker aus dem Bereich der elektronischen Musik sich längst in selbstgefälliger Agonie winden, bietet seine Musik noch immer genügend Reibungspunkte, die seine Musik nicht in Langeweile verkommen lässt.


Stefan Wekler, Bretten, 12.06.2002
(zu hören als Gastmusiker auf "Liquid Spaces")